Jedes Bild von Leopold Kogler ist eine Einladung…
„Die Natur ist voller Wunder, wir müssen nur lernen sie zu erkennen.“ Diesen Satz schrieb der Biologielehrer Walter Gabriel seinen Schülerinnen und Schülern ins Tagebuch.
Die Natur ist in der Kunstgeschichte seit ihren Anfängen in der Höhlenmalerei immer wieder Ausgangspunkt und Thema. Die Kunst ermöglichte durch ihre Zugänge und ihre Arbeitsweise Kultur im besten Sinne zu entwickeln und auch immer wieder einen neuen Blick auf die Natur zu bekommen. Der Umgang mit der Natur hat eine Fülle von kulturellen Ausformungen in der Menschheitsgeschichte gebracht. Hier sei an Rituale gedacht, die sowohl in der Volkskunde, aber auch in Religionen sich manifestieren. Palmkätzchen, Fronleichnamsbirke, Weihnachtstanne, Pfingstkönig im Lindenmantel, rote Rosen, Lorbeerblätter, Maiglöckchen, Veilchen, Krokus, die Ähren der Erntekrone, …. seien nur exemplarisch genannt.
Aber ebenso sei an Bilder gedacht, in denen die Natur in ihrer Eigenart, Besonderheit und Bedeutung erfasst wird. Vom Blumenstillleben bis zur Naturdarstellung in der Landschaftsmalerei kann hier der Bogen gespannt werden.
DAS VERBINDENDE
Leopold Kogler knüpft in seiner Kunst an dieser Weltwahrnehmung an, bietet uns Betrachterinnen und Betrachtern Einblick in Vertrautes und schafft gleichzeitig doch Neues, das uns wiederum zum Staunen bringt. Das Staunen wird ja immer wieder als Beginn der Wissenschaft oder auch als Beginn der Religion genannt, aber das Staunen steht oft auch am Beginn der Kunst. Leopold Kogler knüpft sozusagen an einer Haltung an, die verschiedene Welten verbinden kann und oft auch verbindet. Leopold Kogler nimmt für seine Pflanzenbilder verschiedenste Gewächse aus der ganzen Welt als Grundlage und legt sie auf Papiere, die mit lichtempfindlichen Pigmenten bearbeitet werden. Die Abbilder der Pflanzen lassen die Betrachterinnen und Betrachter in eine Welt eintauchen, die die Herkunft nicht erschließt und doch kann man bei eingehender Recherche feststellen, dass Pflanzen aus dem Vietnam neben Blättern aus dem Mostviertel und einem Gewächs aus der Toskana ein kompatibles Ganzes ergeben. Die Natur hätte diese Gewächse nie so zusammengeführt, aber in der Kunst funktionieren sie als Zusammenspiel. Hier bildet sich nicht nur Kunst ab, sondern ebenso ein Lebensmodell für Menschen verschiedenen Ursprungs.
DAS MAGISCHE
Leopold Kogler bietet seine Bilder an und wir können viele Definitionen und Zugänge anstellen. Das Formale, das Färbige, das Botanische, das Künstliche, das Natürliche, ….. Und doch erschließen sich die Bilder nie ganz, weil ein Rest eines Geheimnisses bleibt. Das Magische. Hier schaffen seine Bilder wieder einen Bogen zum Religiösen, aber auch zum Naturwissenschaftlichen. Das Birkenreisig könnte als Hinweis auf die schmückenden Bäume bei einer Fronleichnamsprozession gelesen werden, aber ebenso als Hinweis auf medizinische Verwendungen bei Nieren- und Rheumabeschwerden.
DAS DOKUMENTIERENDE
Das Herbarium des Leopold Kogler und die Herbarien in diversen Klosterapotheken sind verwandt, aber nicht ident. Die Pflanzenbilder dokumentieren die Welt des Leopold Kogler und seine Reisen. Botaniker mögen mit ihrem Blick diese Bilder anders lesen als Kunstsachverständige. Beide wird hoffentlich das Staunen begleiten. Und so wie der Botaniker seit Gregor Mendel an der Veränderung von Pflanzen arbeitet, so verändert auch der Künstler das formale Erscheinungsbild von manchen Pflanzen und macht sie vom botanischen Exempel zum Kunstwerk. Aufmerksamkeit paart sich dann mit Staunen. Wiederum eine Haltung, die uns als Menschen die Weltsicht und Weltwahrnehmung erweitert. Auch dafür ist dem Künstler zu danken.
Diese Manipulationen schaffen neue formale Zugänge, lenken aber gleichzeitig auch den Blick auf unsere Umwelt und Pflanzenwelt mit allen Vorteilen und Problemen der (Gen-)Manipulation.
DAS KÜNSTLERISCHE
Der Magier Leopold Kogler steht in einer großen künstlerischen Tradition des Abbildens und treibt sie weiter. Sein Zugang ermöglicht eine neue Facette der Wahrnehmung, weil er neue Bilder schafft. Er steht damit in der Tradition seiner Lehrer Oswald Oberhuber, Bazon Brock und Peter Weibel, die der Innovation in der Kunst gedient haben. Gute Kunst gibt es nicht ohne Innovation, aber auch nicht ohne die Haltung einen Mehrwert zu schaffen, der das Wissen und die Erfahrung übersteigt. Auch das leistet Leopold Kogler. Gute Kunst verankert sich auch immer in der Kunstgeschichte. Und so wie Koglers Bilder nebeneinander funktionieren und zusammenspielen, so spielen seine Bilder auch mit Bildern anderer Künstlerinnen und Künstler zusammen. Leopold Kogler bleibt dem Thema der Schönheit verbunden, auch wenn der Bruch oder das Fragmentarische Teil seiner Auseinandersetzung sind.
DIE BOTSCHAFT
Max Bill wird das Diktum zugeschrieben, dass Kunst Gegenstände für den geistigen Gebrauch sind. Leopold Kogler knüpft dort an, wenn er Wahrnehmungen hinterfragt. Er lässt aber dem Staunen und dem Geheimnis noch immer genug Platz. Im Thematisieren von Erfahrungen schafft er Zugänge zu Neuem. Er übernimmt auch Prinzipien von Ruhe und Ausgewogenheit, aber ebenso Verbundenheit. Die Freude an seinen Bildern ist nicht nur Genuss, sondern trägt zu einer positiven Grundstimmung bei. Und gleichzeitig ist man beim Betrachten der Bilder in eine große Ordnung der Schöpfung eingegliedert.
Jedes Bild von Leopold Kogler ist eine Einladung, die Wunder der Natur zu erkennen. Jedes Bild von Leopold Kogler ist eine Einladung zu einer besonderen Erfahrung…..
Hubert Nitsch